Eigentlich ist ja mein ganzes Leben ein Abenteuer, auch wenn es Zeiten gibt, in denen ich mich ruhig und zufrieden auf dem Sofa räkele, mich von der Sonne bescheinen lasse oder auch nur vor mich hin döse. Doch schon ein Blick aus dem Fenster kann mich ungemein fesseln, und der Garten steckt oft voller Überraschungen.
Die Aufregungen, die ich im Garten als Hundekind erlebte, als ich beispielsweise das im Kapitel "jugendlicher Übermut" beschriebene Experiment mit dem Lebensbaum ausführte oder als ich fast eine kleine Mauer heruntergefallen wäre, als ich eine Blumenampel genauer untersuchen wollte, haben bis zu einem gewissen Grad aufgehört, weil ich mittlerweile viele Dinge kenne, aber langweilig ist es im Garten deswegen noch lange nicht! Da wären zum Beispiel die Katzen, die sich erdreisten, unseren Garten heimzusuchen! Ha! Was ist das ein Heidenspaß, denen hinterherzurennen, um sie zu vertreiben. Derzeit versucht ein besonders hartnäckiges Exemplar, in unserem Garten Fuß zu fassen. Sie liegt des Nachts gerne im Hof auf gepolsterten Bänken, was Jule und ich gar nicht gerne sehen. Sobald wir rausstürmen, nimmt das Vieh natürlich Reißaus. Leider können wir sie nicht über die Gartengrenze hinaus verfolgen, aber Du glaubst gar nicht wie stark wir uns fühlen, wenn sie davonläuft! Wuff!
Nun ist es recht albern, sich allzulange kraftstrotzend vor der Mauer zu produzieren, über die sie getürmt ist. Also wenden wir uns den Mäusen zu, die im Garten wohnen. Leider erwischen wir fast nie eine, aber dafür haben wir mal eine Ratte erlegt, die sich in unserem Garten angesiedelt hatte. Jule und ich hatten ein paar Tage gebraucht, bis wir sie endlich erwischt haben. Geduld ist ja sonst nicht so unsere Stärke, aber es hat sich gelohnt! Wir haben der Ratte aufgelauert, sie erledigt und sie voller Stolz Jules Frauchen auf das Sofakissen gelegt. Das wiederum zog eine Kostprobe merkwürdiger menschlicher Verhaltensweisen nach sich. Jules Frauchen gab einen äußerst eigenartigen Laut von sich und sah aus, als könne sie sich nicht entscheiden, ob sie uns nun loben oder ausschimpfen oder lachen oder weinen solle.
Überhaupt ist das Jagen eine klasse Sache, auch wenn mein Frauchen das nicht so gerne sieht. Wenn wir im Hundeauslaufgebiet unterwegs sind, gibt es kleine und große Vögel, die uns jedoch nicht sonderlich Ernst nehmen. Die dicken Raben fliegen gerade mal auf den nächsten Ast und drehen uns eine lange Nase, genau wie die Amseln im Garten, die genau wissen, daß wir nicht über den Zaun können, so lange die Törchen verschlossen sind, und das weidlich ausnutzen. Jule ist allerdings mal von einer Elster angegriffen worden. Sie - Jule, nicht die Elster - war gerade dabei, archäologische Ausgrabungen zu beginnen, als die Elster von einem Baum herab auf sie zuschoß. Die Krallen nach vorn und den Schnabel gewetzt hatte sie Jule fast erreicht, als diese sich umdrehte und praktisch im gleichen Moment unvermittelt hochsprang und ihrerseits nach der Elster schnappte. Die erschrockene Elster konnte sich gerade noch in Sicherheit bringen, flatterte auf den nächsten Baum und zeterte, was das Zeug hielt.
Überhaupt, Vögel! Ich renne ja nun mal furchtbar gerne. Besonders viel Spaß macht es, wenn ich sozusagen ein Ziel habe... Nun habe ich neulich - das Wetter war so schön, nicht zu heiß und nicht zu kalt - am oberen Ende einer großen, ziemlich steilen Wiese eine dicke Krähe erspäht. Ich also in vollem Tempo auf sie zu. Ich war noch etwa fünf, sechs Meter weg, als ich bemerkte, daß sie einfach sitzen blieb. Ich hielt einen Moment inne und verzögerte meinen Lauf. Allmächtiger! Hab' ich nun Angst oder der Vogel? Vorsichtig bewegte ich mich weiter auf die Krähe zu... Dann - endlich - erhob sie sich in die Lüfte, und ich konnte befreit weiterrennen. Schweiß von der Stirn wisch!
Die vielen Kaninchen, die im Hundeauslaufgebiet herumhüpfen, scheinen uns auch nicht wirklich zu fürchten. Manchmal hoppeln sie geradezu provozierend langsam über den Weg und warten, bis wir sie gesehen haben. Was sich da manchmal abspielt, ist geradezu peinlich. Eine dieser herausfordernden Kanaillen wartete bis zum letzten Augenblick, bevor sie in einen Busch rannte. Tschornij, Jule und ich natürlich voller Enthusiasmus hinterher. Aufgeregt schnüffelnd durchsuchten wir den Busch und dessen Umgebung. Derweil hörte ich mein Frauchen lauthals lachen! Dieses durchtriebene Langohr hatte gewartet, bis wir an ihm vorbei waren und ist dann wieder zurück auf die Wiese, wo es sich erstmal genüßlich putze und anschließend in aller Seelenruhe davonhoppelte. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, daß wir davon nichts, aber auch gar nichts mitbekommen haben. Gut, daß ich so viele Haare im Gesicht habe, sonst könnte man sehen, wie mir allein der Gedanke an diese Begebenheit die Schamesröte ins Gesicht treibt. Erfolgreicher bin ich schon mal bei Mäusen. Das behagt meinem Frauchen überhaupt nicht, die Mäuse zwar auch gerne hat, aber eben nicht zum Fressen gern!
Abgewöhnt habe ich mir schweren Herzens, hinter Rehen herzulaufen. Zum einen sind sie leider viel zu schnell für mich und sooo groß, daß ich eigentlich sowieso lieber pro forma aufgeregt auf ihren Spuren herumschnüffele. Zum anderen ist da noch die Stimme, die unangenehme, die meines unzufriedenen Frauchens. Na ja, und zum dritten besteht die Gefahr, daß ich mein Frauchen aus den Augen verlieren könnte. Wenn ich wirklich hinter einem Reh hinterherlaufen und es um die nächste Ecke verfolgen würde, könnte sie ja weg sein. Und das ist einfach eine schreckliche Vorstellung.
Als ich noch klein war, habe ich mich mal vor einer Baumaschine erschreckt. Ich konnte nur das Geräusch hören und wußte nicht, worum es sich handelt. Wenn ich sehen kann, wo ein Geräusch herkommt, dann macht mir das nichts aus, so aber bekam ich panische Angst und bin einfach Hals über Kopf nach Hause gerannt. Das war nun auch keine gute Idee, denn ich saß vor der verschlossenen Türe und niemand war da, der sich um mich kümmerte. Mir dämmerte, daß meine Leute noch im Hundewald waren, und ich machte mich klopfenden Herzens auf den Weg zurück. Zum Glück kam mir Jules Frauchen entgegen (damals gehörte Yami noch zu ihr), sammelte mich ein und brachte mich zu meinem Frauchen. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie erleichtert ich gewesen bin, sie wieder in meine Arme zu schließen.
Überhaupt hätte ich auf manche Abenteuer verzichten können! Als Hundekind bin ich mal beim Versuch über einen Bach zu springen, hineingefallen, was mir den Spaß an Wasser erstmal gründlich verleidet hatte. Im Verein mit Jule habe ich dann später meine Wasserscheu so weit verloren, daß ich wenigstens mal wieder durch einen Bach hindurchgelaufen bin. Mein Fehler war dann oft, daß ich - weil ich mir immer erst ein Herz fassen mußte - das mit viel Schwung tat. Man sieht dann nicht, wie tief so ein Bach ist. Jule hingegen tastet sich meistens langsam hinein und guckt sich alles erstmal genauer an, bevor sie weitergeht oder gar schwimmt. Sie hat sogar schon nach Ästen, die unter Wasser lagen, getaucht und sie herausgezogen. Das würde mir im Traum nicht einfallen!
Man trifft an Teichen oft wasserbegeisterte Hunde, was mir ja immernoch völlig übertrieben vorkommt! Nun führte über einen Teich so eine Art Brücke aus Baumstämmen und Ästen. Als ein großer schwarzer Hund zu uns stieß, zog ich mich auf diese "Brücke" zurück, nur dummerweise kam mir der andere Hund nach. Ich bin dann ausgerutscht und kopfüber in den Teich geplumpst. Pfui Teufel! Der Teich war nicht tief, aber schlammig, und - noch viel schlimmer - ich war durch und durch naß! Ich habe mich dann mit letzter Kraft mit den Pfoten an den Baumstämmen aus dem Wasser gezogen und mich von meinen Leuten trösten lassen. Ähäm, wir waren dann alle ein bißchen naß und schmutzig.
Es gab aber auch Erlebnisse, die nicht so glimpflich abgelaufen sind. So habe ich mir beim Toben durch den Wald schon mal einen Stock und ein andermal eine Eisenstange in die Brust gerammt. Ich mußte dann sogar genäht werden und sollte eine "Tröte" tragen, damit ich nicht an die Wunde kam. Hmm, eigentlich. Diese Dinger sind ziemlich unbequem, also habe ich sie gleich wieder ausgezogen. Ein Griff mit der Pfote hinter den Kopf, und schwupp konnte ich sie abstreifen. Das habe ich ein paar mal gemacht, bis Frauchen ein einsehen hatte. Daraufhin hat sie mir ein "kleines Schwarzes" kreiert. Sie hat ein Bein einer Leggins zugeschnitten und mir angezogen. Das war eine gute Lösung, weil es mich in meiner Bewegungsfreiheit nicht einengte und gleichzeitig die Wunde schützte.
Sehr unangenehm war auch eine Begegnung mit Wespen, die im Wald in einem Erdloch wohnten. Ich hatte sie gar nicht gesehen, sonst wäre ich ihnen aus naheliegenden Gründen aus dem Wege gegangen. Leider entdeckten sie aber mich; sie griffen mich an und verfolgten mich bis zu meinem Frauchen, das mir schon entgegen kam. Ich fühlte mich wie gelähmt, weil die Stiche so weh taten. Frauchen hat dann die Wespen vertrieben, die sehr hartnäckig waren und mich immer wieder stechen wollten. Inzwischen wuchsen mir dicke Beulen, eine mitten auf dem Kopf, eine an der Lippe und noch ein paar andere über den Körper verteilt. Hund, habe ich mich elend gefühlt! Mein Frauchen wirkte sehr besorgt, nahm mich kurzentschlossen auf den Arm und schleppte mich quer durch den Wald bergauf zum Auto. Wir sind dann sofort zu einer Tierklinik gefahren, wo ich eine Spritze bekam. Nach einer halben Stunde ging es mir wieder gut, und auch die Beulen verschwanden schnell. Heute erzählt mein Frauchen lachend, ich hätte wohl eine dicke Lippe riskiert und mit der Beule auf dem Kopf ausgesehen wie eine Comicfigur, und es sei doch schade, daß sie kein Foto gemacht habe. Aber ich glaube, damals war ihr gar nicht zum Lachen.
Ein anderes schmerzhaftes Erlebnis hatte ich, als meine Leute mit mir einmal querwaldein spazierten, weitab von allen Wegen, und ich mir beim ungestümen Herumtollen eine sogenannte Wolfkralle fast abgerissen hatte. Verflucht, das tat vielleicht weh! Ich wurde, weil ich nicht mehr laufen konnte, den ganzen Trampel bis zum Auto zurück getragen, was mir sehr recht war. Zu Hause wurde die Wunde versorgt, und am nächsten Tag war mal wieder Tierarzt angesagt. *seufz* Die Tierärztin, eine nette übrigens, sie mag Hunde, betäubte meinen Fuß und riß die Kralle einfach ab. Es tat gar nicht weh. Als alles verheilt war, war ich wieder wie neu und stets bereit zu neuen Schandtaten.
Wir waren an einem wunderschönen Frühlingssonntag zum "Haupteingang" eines ehemaligen militärischen Übungsgeländes gefahren. Als wir die vielen Autos sahen, überlegte mein Herrchen noch, ob es nicht vielleicht besser sei, einen anderen Zugang anzusteuern. Wir entschieden uns aber doch, auszusteigen, weil normalerweise in den Bereichen, in denen wir uns aufhalten, kaum Menschen herumlaufen. Nun, dieses Mal war es anders.
Zunächst spielten Jule und ich mit einem Hund, der sich uns mit seinem Frauchen angeschlossen hatte. Auf allen Wiesen und Wegen liefen oder lagen Leute herum, und auf den Hauptwiesen vergnügten sich Menschen mit allen möglichen lauten Gerätschaften. Ich bin ja nun ein bißchen empfindlich, und so machten mir die sonderbaren Geräusche doch zu schaffen. Als ich mich mal kurz selbständig machte, verstärkten sie sich und fielen mir plötzlich so richtig auf. Ein Gebüsch verhinderte, daß ich erkennen konnte, was denn einen solchen Krach machte, und auch meine Leute waren durch das Gestrüpp nicht zu sehen. Mir wurde ziemlich mulmig. Überraschend bellte in der Nähe noch ein großer Hund, da war es dann um meine Contenance geschehen. Ich rannte kopflos weiter ins Tal, wo rechts und links von mir Leute mit Hunden lagerten. Ich also auf der anderen Seite des Tales wieder hinauf, bis auf den nächsten Weg, als die Stimme meines Frauchens in die Leere zwischen meinen Ohren drang. Ich blieb stehen, sah mich um, erblickte sie und wollte zurück. Inzwischen waren jedoch die Hundeleute auf mich aufmerksam geworden und wollten mich mit wedelnden Armen aufhalten, gleichzeitig bellten die Hunde. Das gab mir den Rest! Ich legte die Ohren an und rannte, so schnell ich konnte, den Weg ins Tal hinunter, und lief und lief und lief. An einer Weggabelung hetzte ich dann bergauf, ohne mich darum zu kümmern wohin.
Irgendwann dämmerte es mir, daß ich falsch und ganz alleine unterwegs war. Ich rannte weiter, bis ich eine Stelle erreichte, die mir bekannt vorkam. Und richtig, hier hatten wir schon öfter geparkt. Aber welch ein Schreck, keines der fünf oder sechs Autos war unseres. Ich habe jeden einzelnen Wagen immer wieder abgeschnuppert und hineingesehen. Nichts kam mir bekannt vor! Und wo waren meine Leute? Ich war völlig fertig! Schließlich öffneten Menschen vor dem Haus schräg gegenüber die Türe ihres Autos, und ich bin ganz schnell hineingeklettert. Ich hoffte so sehr, daß sie mich nach Hause fahren würden. Nun, das taten sie nicht. Inzwischen war aber eine Nachbarin hinzugekommen, die mich vom Sehen her kannte. Sie holte zwei freundliche Menschen, die mich in ihre Obhut nahmen, während sie selbst nach meinen Leuten Ausschau hielt. Ich wurde in eine Wohnung mitgenommen, in der ein Hund wohnte, der auf mich eifersüchtig war, weil ich so umsorgt wurde.
Die Menschen waren erst ratlos, an wen sie sich wenden sollten, weil ich unterwegs meine Hundemarke und meinen Adressenbehälter verloren hatte. Schließlich riefen sie bei jemandem an, der Tierheim heißt. Da sie nur den Anrufbeantworter erwischten, mußten sie ziemlich lange auf den Rückruf warten. Inzwischen durfte ich auf dem Sofa neben der Dame des Hauses Platz nehmen, die mich beruhigend streichelte. Genießen konnte ich das jedoch nicht. Ich hatte solche Angst und war sehr unruhig. Ich wollte zu meinen Leuten, und ich wollte nach Hause. Schließlich rief dann Tierheim an, offenbar sollten meine Retter mich zu ihm bringen. Ich wurde angeleint, und wir marschierten vor das Haus. Eine Gruppe Reiterinnen hielt noch bei uns und unterhielt sich mit den Menschen über mich, während ich unruhig hin und her zappelte. Plötzlich hörte ich die Stimme meines Frauchens: "Pauliiiine!" Und richtig, während eine Reiterin noch lachend meinte, mein Frauchen solle sie nicht so erschrecken, sie heiße auch Pauline, sah ich mein Frauchen auf mich zueilen. Sie schloß mich in die Arme, und gleich hinterher kamen mein Herrchen und Jule. Hund, war ich glücklich.
Es stellte sich dann heraus, daß meine Leute mich mehr als zwei Stunden gesucht hatten und als letzte Möglichkeit noch diese Stelle angefahren hatten, bevor sie ihrerseits nach Hause und dann bei Herrn Tierheim anrufen wollten. Ich wußte gar nicht, daß sie den auch kennen.
Mich interessierten die Gespräche jedoch nicht weiter. Ich konnte es nicht erwarten, nach Hause zu kommen, und war erst wirklich beruhigt, als ich im vertrauten Auto und schließlich wieder bei mir zu Hause war. Ich stillte zuerst meinen Hunger und dann habe ich ganz lange geschlafen.
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